Die Zukunft unserer Sonne


Unsere Sonne existiert seit etwa 4.6 Milliarden Jahren, wobei sie 99% dieser Zeit in einem stabilen Hauptreihenstadium verbracht hat, das mindestens noch weitere 6 Milliarden Jahre anhalten wird. Dieses Hauptreihenstadium ist dadurch gekennzeichnet, dass während dieser Zeit die Sonne ihren Energiehaushalt durch Wasserstofffusionsprozesse in ihrem Kernbereich bestreitet. Dabei wird ihre Leuchtkraft langsam, aber stetig, weiter zunehmen und zwar derartig, dass es bereits in 500 Millionen Jahren auf der Erde zunehmend ungemütlicher wird.

Die zukünftige Entwicklung unserer Sonne – oder allgemeiner, die eines Hauptreihensterns mit einer Masse von ungefähr 1 Sonnenmasse – lässt sich mittels der Theorie der Sternentwicklung prinzipiell vorhersagen. Dabei interessiert vor allem, wie sich a) die Leuchtkraft und b) der Durchmesser im Laufe der Zeit entwickelt und welche Energieerzeugungsmechanismen in den einzelnen Entwicklungsphasen den Stern stabil halten. Und natürlich die Frage, welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf unser Planetensystem und insbesondere auf die Erde?

Problematisch in der Prognose sind immer die Phasen im Leben eines Sterns, die mit einem größeren Masseverlust verbunden sind. Das liegt daran, dass die physikalischen Bedingungen im Zentralbereich der Sterne, also dort, wo durch Kernfusion deren Energie erzeugt wird, stark masseabhängig sind. Deshalb kann auch nicht mit absoluter Sicherheit vorhergesagt werden, ob die Sonne beim Übergang in das Rote Riesen-Stadium soweit expandiert, dass die Erde in ihrem Inneren verschwindet.

Als vor etwa 4,6 Milliarden Jahren die Sonne bei der Kontraktion einer interstellaren Gas- und Staubwolke entstanden ist, bestand sie zu 73% aus Wasserstoff, zu 25% aus Helium und zu ca. 2% aus den sogenannten „Metallen“ (das sind in der Astrophysik alle Elemente schwerer als Helium). Da ihr Inneres zu jener Zeit bis zum Zentrum konvektiv war, war diese Elementezusammensetzung überall im Stern gleich, d. h. es gab in dieser Beziehung keinen Unterschied zwischen Kernbereich und Sternatmosphäre. Als sich nach einigen Anfangsinstabilitäten (z. B. während des T-Tauri Stadiums) im Sonnenkern eine Zone ausgebildet hatte, wo selbstregulierend Wasserstoff zu Helium fusionierte, musste sich im Laufe der Zeit in diesem Bereich zwangsläufig die Zusammensetzung ändern. Man vermutet, dass der innerste Kernbereich heute (d. h. nach mehr als 4 Milliarden Jahre Wasserstoffbrennens) aus ca. 35% Wasserstoff, 63% Helium und 2% „Metallen“ besteht, während die Sonnenatmosphäre im Wesentlichen immer noch die ursprüngliche Zusammensetzung aufweist. Da der Wasserstoffgehalt im Kern im Laufe der Zeit kontinuierlich abnimmt und das bei der Wasserstofffusion entstehende schwerere Helium an den Kernprozessen nicht teilnimmt, muss aus Stabilitätsgründen der Sonnenkern langsam schrumpfen, was zu einer Temperaturerhöhung und damit zu einem effektiveren Wasserstoffbrennen führt. Das bedeutet letztendlich, dass die Leuchtkraft im Laufe der Zeit langsam ansteigt, da sich die Energieproduktionsrate mit steigender Temperatur erhöht. So ist die Leuchtkraft der Sonne seit dem Zeitpunkt, als sie die Hauptreihe erreicht hat, bis heute um ca. 30% angestiegen. In den nächsten 1,2 bis 1,3 Milliarden Jahren wird ihre gesamte Abstrahlung um weitere 10% anwachsen. Nach dem Stefan-Boltzmann’schen Gesetz entspricht das zwar nur einem Zuwachs der effektiven Temperatur um etwa 150 K. Die Auswirkungen auf die Erde werden jedoch dramatisch sein. In ungefähr 6,4 Milliarden Jahren wird die Sonne eine Leuchtkraft von ca. 2.2 Sonnenleuchtkräften erreichen und ihr Kernbereich zunehmend an Wasserstoff verarmen. Sie versucht dann dieses Defizit durch eine Kontraktion des Kerns auszugleichen, was jedoch aufgrund des Virialsatzes nur zu einer weiteren Erhöhung der Leuchtkraft über die nächsten 700 Millionen Jahre führt. Konkret bedeutet das, dass die Sonne auf das 2,3-fache ihres heutigen Durchmessers anwachsen und die Leuchtkraft das 2,7-fache der heutigen Leuchtkraft erreichen wird. Der Planet Mars wird dann in etwa den gleichen Energieeintrag erhalten, wie die Erde heute. Ab diesem Moment beginnt eine zwar kurze (gemessen an der Dauer des Hauptreihenstadiums), aber sehr turbulente und aufregende Phase im Leben der Sonne. Sobald der Wasserstoffanteil im Sonnenkern unter 12% abgesunken ist, wird sich eine dicke, den Heliumkern umgebende Schale ausbilden, in der die Wasserstofffusion fortgeführt wird. Die physikalischen Bedingungen im heliumreichen Kern reichen aber vorerst noch nicht aus, um auch darin Kernfusionsprozesse zu zünden. Mit dem Beginn des Schalenbrennens verlässt die Sonne endgültig die Hauptreihe im Hertzsprung-Russel-Diagramm und beginnt mit ständig zunehmender Leuchtkraft und weiterer Vergrößerung des Durchmessers in Richtung Riesenast zu wandern. Da dieser Vorgang mit einer Aufblähung des Sterns auf das über 170-fache des heutigen Durchmessers bei gleichzeitig sinkender effektiver Temperatur und (wegen der Vergrößerung der strahlenden Oberfläche) mit einer Erhöhung der Leuchtkraft auf über 2000 Sonnenleuchtkräfte verbunden ist, stellt dieser Vorgang den Übergang in das Rote Riesen-Stadium dar. Außerdem nimmt der Sonnenwind massiv an Stärke zu, was dazu führt, dass rund 38% der Sonnenmasse in den kosmischen Raum abgeblasen wird. Dieser Masseverlust ist auch die Ursache dafür, dass die Erdbahn weiter nach außen wandert und so die Erde wahrscheinlich ihrer vollständigen Zerstörung entgehen kann. Merkur und Venus werden aber auf jedem Fall im Inneren des Roten Riesensterns verschwinden. Aber auch das Schalenbrennen im Innern der Sonne wird aufgrund des Wasserstoffverbrauchs schnell immer uneffektiver. Der Kern beginnt wieder zu kontrahieren, wobei die einsetzende Elektronenentartung die Kerntemperaturen auf über 100 Millionen K treibt, also auf einen Wert, wo ein neuer Kernfusionsprozess zünden kann. Es handelt sich dabei um den Tripel-Alpha-Prozess, bei dem aus Heliumkernen über die Zwischenstufe Beryllium Kohlenstoffatome aufgebaut werden. Die Kohlenstoffatome können sich wiederum durch den Einfang von Alpha -Teilchen in Sauerstoffatome umwandeln. Es kommt zu einer dramatischen Schrumpfung der Sonne, wodurch die Leuchtkraft absinkt und ein neuer stabiler Zustand erreicht wird, der solange anhält, wie das Heliumbrennen im Kern genügend Energie liefert. Das sind einige 100 Millionen Jahre. Sollte die Erde diesen „first redgiant peak“ überlebt haben, dann liegt ihre Oberflächentemperatur auf der Sonnenseite jetzt bei über 600° C. So etwas wie eine Atmosphäre hat sie dann aber nicht mehr (ihre Hydrosphäre hat sie bereits viel früher aufgrund eines ausufernden Treibhauseffektes verloren).

Aus physikalischen Gründen ist der Aufbau von Elementen mit einer Ordnungszahl größer 8 (also Sauerstoff) in massearmen Sternen unterdrückt. Erst bei Sternen ab einer Masse von rund 4 Sonnenmassen kann auch durch Kohlenstoffbrennen Energie erzeugt werden. Derartige Kernreaktionen sind aber bei der Sonne aufgrund ihrer geringen Masse (z. Z. des Heliumbrennens 0,6 Sonnenmassen) nicht möglich. Deshalb passiert jetzt quasi das Gleiche, wie beim Erlöschen des Wasserstoffbrennens im Sonnenkern am Ende ihrer Hauptreihenexistenz. Im Kern, der sich aufgrund der guten Wärmeleitfähigkeit des entarteten Elektronengases weitgehend isotherm verhält, sammelt sich Kohlenstoff und Sauerstoff an, was dazu führt, dass er irgendwann als Fusionsreaktor inaktiv wird. Das Heliumbrennen verlagert sich in eine Schale, die langsam nach außen wandert. Auch darin ist das Elektronengas entartet und bestimmt den Gasdruck allein. Damit fällt ein wichtiger Regelmechanismus weg, der im Hauptreihenstadium zu der außergewöhnlichen Stabilität dieser Sterne beigetragen hat. Während in einem normalen Gas eine lokale Erhöhung der Energiefreisetzungsrate eine Volumenvergrößerung eines Masseelements bewirkt (wobei die zusätzliche zugeführte Energie soweit verbraucht wird, bis wieder Stabilität eintritt – ein typischer Fall von Kühlung), ist das in einem entarteten Gas nicht möglich. Eine Erhöhung der Energiefreisetzungsrate in einer heliumbrennenden Schale hat quasi überhaupt keinen Einfluss auf den Druck des entarteten Elektronengases und führt deshalb auch nicht zu dessen Expansion. Die Energie kommt allein dem umgebenden Gas zugute, wodurch sich dessen Temperatur erhöht. Eine Temperaturerhöhung verbessert aber zugleich die Fusionsbedingungen so dass noch mehr Energie freigesetzt wird. Dieser Prozess stoppt erst, wenn die Temperaturen so stark angewachsen sind, dass die Entartung des Elektronengases aufgehoben wird und das normale Gas (welches sich wie ein ideales Gas verhält) wieder die Oberhand gewinnt. Dieser Vorgang, der als thermische Instabilität bezeichnet wird, kann innerhalb kürzester Zeit zu einer enormen Leuchtkrafterhöhung („Flash“ genannt) führen und wiederholt sich mehrfach mit Perioden von einigen 1000 bis 10.000 Jahren. Bei der Sonne sagen die Sternentwicklungsmodelle 4 bis 5 derartiger „Helium shell flashes“ voraus, wobei immer Teile der Sternatmosphäre verloren gehen. Beim letzten „Flash“ wird dann die gesamte verbliebene äußere Atmosphäre abgesprengt und es entsteht ein neuer planetarischer Nebel. Danach bleibt nur noch der entartete Kern übrig, der als kompakter Weißer Zwergstern langsam auskühlt um schließlich als „Schwarzer Zwerg“ endgültig zu verlöschen. Die Sonne hat zum Zeitpunkt der Entstehung des Weißen Zwergsterns ein Alter von 12,37 Milliarden Jahre erreicht.



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