Solipsismus, Propaganda sowie Dr. Mabuse und andere tollkühne Männer...


Die philosophische Idee, dass die „Welt“ nur eine vorgegaukelte Simulation ist und nur das „ich“ das einzig existierende Subjekt, nennt man Solipsismus. In einem weitergehendem Sinne bedeutet dieser Begriff (von lat. solus allein, ipse selbst), dass alles, d. h. die gesamte Welt, also das ganze "Sein", sich nur in den subjektiven Bewusstseinsinhalten eines Individuums (und zwar Ihres, lieber Blogleser) erschöpft. Man spricht in diesem Fall von einem „metaphysischen Solipsismus“ - und nur um ihn soll es hier gehen. Ein metaphysischer Solipsist behauptet die Nichtexistenz einer Außenwelt (genauer einer Welt außerhalb seines eigenen Bewusstseins) in dem Bewusstsein, dass sich diese These nie beweisen lassen wird. Es ist nämlich durchaus die Annahme möglich, dass alle Sinneseindrücke nur Produkte dieser Sinne selbst sind, ohne dass zwingend etwas Objektives außerhalb des Bewusstseins existieren muss. Oder um ein Zitat von Edgar Allan Poe zu bemühen 

All that we see or seem is but a dream within a dream…“. 

Das dazugehörige und relativ unbekannte Poem „A dream within a dream“ aus dem Jahre 1849 erlangte 1984 wieder eine gewisse Aufmerksamkeit, als es rezitativ von Claudia Brücken vorgetragen und mit einer eingehenden Musik hinterlegt, auf dem Debütalbum der aus Düsseldorf stammenden Pop-Band „Propaganda“ erschien. Dieses Debütalbum hat den Titel „A Secret Wish“ erhalten und ist auch heute noch unter Kennern durchaus beliebt. Das liegt u. a. auch an den Songs „Duell“ und natürlich „Dr. Mabuse“. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein Superverbrecher, der 1919 von dem Luxemburger Schriftsteller Norbert Jaques (1880-1954) erdacht wurde und der in einer Vielzahl von Verfilmungen Anfang der 1960er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Konkurrenz zu den gleichzeitig entstandenen Edgar-Wallace-Krimis eine gewisse Popularität erreichten. Die Titel sprechen für sich: „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“, „Das Testament des Dr. Mabuse“, „Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse“, „Scotland Yard jagt Dr. Mabuse“ und auf keinem Fall zu vergessen „Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse“. 

Genaugenommen handelt es sich bei dieser noch in Schwarz-Weiß gedrehten Filmreihe um eine Fortsetzung bzw. Neuverfilmung zweier Filme von Fritz Lang (1890-1976) aus dem Jahre 1922 („Dr. Mabuse, der Spieler“ – ein zweiteiliger Stummfilm) sowie 1933 („Das Testament des Dr. Mabuse“, diesmal mit Ton und unter den Nazis verboten). Das Faszinosum an der Gestalt des Dr. Mabuse liegt darin begründet, dass er seinen genialen Verstand, seine Profession als Psychoanalytiker (Freud!) und seine außergewöhnlichen hypnotischen Fähigkeiten einsetzt, um eine Verbrecherorganisation zu leiten und selbst Verbrechen zu begehen, gekoppelt mit einer Vision einer besseren und gerechteren Welt. In den genannten Verfilmungen kann man das „Who is who“ der deutschen Schauspielergarde jener Zeit bewundern, von denen einer, nämlich Gert Fröbe (1913-1988), der in zwei Mabuse-Verfilmungen den Kommissar Lohmann mimen durfte, weltberühmt geworden ist. Und das mit Recht, wie ich meine. Die jüngere Generation wird ihn wahrscheinlich nur aus James Bond „Goldfinger“ (1964) kennen, der ab und an im Fernsehen noch gezeigt wird. Aber das war nur einer von mehr als 40 Filmen, in denen er – meist als Charakterdarsteller – mitgewirkt hat. So in dem englischen Film von 1965 „Those Magnificent Men in Their Flying Machines or How I Flew from London to Paris in 25 Hours 11 Minutes”, den man für die deutschen Filmplakate auf den etwas kürzeren und einprägsameren Titel „Die Tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten” eingedeutscht hat. Für jemanden, der sich für die Geschichte der Luftfahrt interessiert, war das ein ähnlich amüsanter Film wie der Film „Schussfahrt nach San Remo“ (mit André Robert Raimbourg (1917-1970), besser bekannt als „Bourvil“) für diejenigen, die sich mehr für die Geschichte des Straßenradsports interessieren. 

Die „tollkühnen Männer“ sind Piloten („Richt'ge Männer wie wir…“), die mit ihren aus Sperrholz und Klaviersaitendraht zusammengeschusterten Fluggeräten im Jahre 1910 ein von einer Gazette ausgerichtetes Wettfliegen über den Ärmelkanal bestreiten möchten. Und da darf natürlich eine Abordnung aus dem deutschen Kaiserreich (schließlich war unser Kaiser Wilhelm II. ein Enkel der britischen Königin Victoria!) nicht fehlen, übrigens überaus stilsicher repräsentiert durch Oberst Manfred von Holstein und seinem Adjutanten Hauptmann Rumpelstoß. Ersterer unvergleichlich preußisch gespielt von Gert Fröbe. Hauptmann Rumpelstoß dagegen (gespielt von Karl-Michael Vogler), der eigentlich als Pilot der kaiserlichen Luftmaschine vorgesehen war, fiel leider krankheitsbedingt aufgrund einer akuten Diarrhoe aus, weshalb Oberst Holstein mit den markigen und unvergessenen Worten „Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!“ dessen Part übernehmen musste. Wie sich denken lässt, gelang es ihm trotz intensiven Studiums der Gebrauchsanleitung des Fluggeräts (genauer der „Heeresdienstanweisung zur Bedienung eines Flugzeugs“) nicht, dieses über den Ärmelkanal zu lenken… 

1910 war ein Jahr, wo das motorgetriebene Flugzeug durchaus schon ein brauchbares Fluggerät war. Ein Jahr zuvor gelang nämlich dem Flugpionier Louis Blériot (1872-1936) die erstmalige Überquerung des Ärmelkanals.

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