Wer kennt noch Georg Imbert?


Nicht nur einen Benzin-, Diesel- oder Elektromotor, nein, auch einem Gasmotor kann man für den Antrieb eines Fahrzeuges verwenden, wodurch ich auf einen Erfinder zu sprechen komme, den noch vor nicht einmal 70 Jahren jeder einigermaßen gebildete Deutsche vom Namen her kannte: Georg Christian Peter Imbert (1884-1950). Er erfand um 1920 herum den „Holzvergaser“ und etwas später das „Holzvergaserautomobil“. Sein „Treibstoff“ besteht zumeist aus Holzspänen, die man in einem entsprechenden Behälter mitführen kann. Und wenn der Treibstoff einmal knapp zu werden droht, muss man halt kurz anhalten, um im Wald Holz sammeln zu gehen... Aber Scherz beiseite. Der Holzvergasermotor war damals, besonders in den Kriegsjahren, eine sehr angesehene Antriebsquelle, so dass es sich durchaus lohnt, sich seine Funktionsweise einmal zu vergegenwärtigen. Immerhin erhoffte sich das Naziregime mit dieser „Wunderwaffe“ trotz der zuletzt immer aussichtsloseren Rohstofflage den „Endsieg“ doch noch zu erringen. Die beiden Grundtechnologien - die Erzeugung von Gas durch Verschwelung organischer Stoffe (dabei entsteht bekanntlich Kohlenmonoxid) sowie der Gasmotor - waren in den 1920er Jahren selbstverständlich wohlbekannt. Selbst die ersten Zwei- und Viertaktmotoren, die u. a. von Nicolaus Otto um 1865 entwickelt wurden, waren „Gasmotoren“, die man mit Leuchtgas betrieben hat. Dieses „Leuchtgas“ fiel in großer Menge bei der Herstellung von Koks aus Steinkohle an, denn Koks brauchte man wiederum in riesiger Menge bei der Eisen- und Stahlherstellung. Das Verdienst Georg Imbert’s war es, den Gaserzeuger (also das Teil, in dem aus Holzspänen „Leuchtgas“ erzeugt wird, welches man in diesem speziellen Fall als „Kraftgas“ bezeichnet hat) so zu verbessern und zu optimieren, dass man damit längere Zeit einen leichten Gasmotor betreiben kann. Stationär aufgebaut ließen sich damit Maschinen antreiben (z. B. Dreschmaschinen) oder, wenn die Anlage in einen LKW integriert wurde, konnte man damit benzinlos durch die Gegend schippern... 

Wenn man zum ersten Mal einen Holzvergaser sieht, so sieht er in etwa aus wie ein Kanonenofen. Unten glimmt ein Feuer und oben schüttet man Holzspäne hinein… Es kommt aber auf sein genaues Innenleben an. Denn in einen „Ofen“ entsteht nicht nur ein Gemisch aus Kohlenmonoxid (hochgefährlich!), Kohlendioxid und Wasserstoff, sondern noch eine Vielzahl weiterer Substanzen, die man in ihrer Gesamtheit schlicht als „Holzteer“ bezeichnet. Diese übelriechende zähe Flüssigkeit muss unbedingt permanent aus dem Holzvergaser entfernt werden, damit es nicht in den Motor gelangt, der ansonsten schnell seinen Geist aufgeben würde. Der „Ofen“ benötigt also zusätzlich noch einen Gaskühler, eine Teerauffangschale und schließlich auch noch einen Nachreiniger, und alles möglichst optimal für eine hohe Gasausbeute ausgelegt. Im Idealfall sollte der anfallende Teer gleich weiter verbrannt werden, damit gar nicht erst größere Mengen davon anfallen. Georg Imbert hat in dieser Beziehung viele Versuche unternehmen müssen, bis er „seine“ Optimalauslegung erreichte. Stichwörter dafür sind „Ringdüse“, Holzkohlenbett und Luftführung mit Umkehr. Trotzdem blieb der Energiegehalt des entstehenden Gases mit ~1,2 kWh pro Kubikmeter im Vergleich zu reinem Methan (Erdgas, ca. 10 mal höher) doch recht gering. Deshalb musste der Motor eine hohe Verdichtungsstufe (z. B. 1:9) erreichen, was wiederum dessen Konstruktion und Bau erschwerte. Schon zur Zeit seiner Erfindung war deshalb ein Holzvergasermotor, was die Leistungsfähigkeit betraf, einem „Benziner“ hoffnungslos unterlegen. Er wurde höchsten in speziellen LKW’s eingebaut (natürlich gibt es Ausnahmen, auch PKW’s und sogar Motorräder gab es mit Holzvergaser), die wiederum gerne von Gewerken erworben wurden, die selbst viel mit Holz zu tun hatten (z. B. Möbelbetriebe, Tischlereien etc.). Das änderte sich aber ab der zweiten Hälfte des zweiten Weltkrieges, wo Treibstoffe immer knapper wurden. Hier erlebte der Holzvergasermotor auf einmal eine Renaissance, die in Deutschland nach Kriegsende noch einige wenige Jahre anhielt. Dann gab es wieder Benzin und Diesel in Hülle und Fülle und dem Holzvergaser ging es wie den Sauriern - er starb aus. Und auch der Name seines Erfinders geriet schnell in Vergessenheit. 

Wie muss man sich nun eine Ausfahrt mit einem Holzvergaserauto, beispielsweise einem „Opel Blitz“ - LKW, vorstellen? Zündschlüssel umdrehen und starten war nicht. Als erstes musste man den „Ofen“ anheizen. Dazu legte man auf den „Herd“ eine ca. 10 Zentimeter dicke Schicht aus guter Holzkohle und darüber ein paar Späne. Etwas Brennspiritus hilft beim Anzünden. Also eine Arbeit, die jedem, der häufig grillt, leicht von der Hand geht. Sobald sich genügend Glut gebildet hat, kann man den Deckel öffnen und den Holzvergaser mit Holzspänen oder anderweitig zerkleinerten Holz befüllen. Man darf am Ende natürlich nicht vergessen, den Deckel wieder aufzusetzen. Sobald der „Vergaser“ genügend Gas produziert, heißt das, den Motor anzuwerfen. Dafür gibt es die berühmte Kurbel, die man von vorn in den Motor stecken musste - so wie man es in alten Filmen manchmal noch sehen kann. Damit musste man quasi händisch die Kurbelwelle ein paarmal drehen, damit die niedergehenden Kolben das Gas ansaugen können und der Holzvergaser auf diese Weise „Zug“ bekommt – so wie der Kamin durch den Schornstein. Mit etwas Glück springt jetzt der Motor an und es steht einer Spritztour nichts mehr im Wege. So alle 100 km muss man jedoch anhalten, um Holzspäne „nachzutanken“. Weitere 50 km weiter ist Termin, um den Gasreiniger zu reinigen. Und nach rund zweitausend Kilometer ist schließlich eine gründliche Reinigung des „Imbertgenerators“ in Erwägung zu ziehen, möchte man nicht, dass die Karre irgendwann in der Botanik stehen bleibt oder der Holzvergaser Feuer fängt und dabei abfackelt. Was man einem bezahlten LKW-Fahrer vielleicht noch zumuten kann, geht jedoch für einen Privat-PKW nun mal gar nicht (schon die Optik entsetzt). Kein Wunder also, dass das Holzvergaserauto kaum jemals wahre Freunde gefunden hat. Übrigens, so wie sich aus den mittlerweile ausgestorbenen Dinosauriern Vögel entwickelt haben, so hat sich aus dem Holzvergaser die Holzpelletheizung entwickelt. Irgendwie lebt die Erfindung Georg Imberts doch noch weiter. Und wenn man deren Technik zugrunde legt (Computersteuerung etc.), dann hätte heute vielleicht sogar ein Holzvergaserauto wieder eine Chance, vielleicht ökologisch CO2-neutral beheizt mit Biomaispellets. So gesehen ist es echt verwunderlich, dass man im Zuge der Energiewende auf diese Technologie noch nicht aufgesprungen ist. Der Gesamtwirkungsgrad sollte sogar besser sein, als wenn man aus Holz oder anderen organischen Stoffen zuerst Biodiesel herstellen und dann als Sprit verwenden würde.


Vor, ich weiß nicht, vor wie vielen Jahren, wurde dieses bemerkenswerte Fahrzeug (wahrscheinlich ein "Garant" aus Zittauer Produktion) neben einen Felsen an der Straße zwischen Mergthal (Marenize) und Kunnersdorf (Kunratize, bei Böhmisch Zwickau, Civkov) auf einem Waldweg eingeparkt. Der Sprit kann ihm nicht ausgegangen sein, denn er hatte noch eine gute Ladung verrotteter (teilweise schon humifizierter) Sägespäne für seinen Hochleistungsholzvergaser geladen.


Auf jeden Fall hat seine Lackierung arg gelitten, wie man auf dieser Aufnahme aus dem Jahre 2004 gut erkennen kann (den letzte "Garant" hat man 1961 gebaut). Auch wurde sein Hinterteil durch eine junge, aufstrebende Eiche (wie von einem Wagenheber)  angehoben, so daß ein Hinterrad (es war übrigens keine Luft mehr drin) schon fast frei über dem Boden hing.

Vor einiger Zeit muß sich diesem Fahrzeug doch jemand erbarmt haben. Denn die Bäume auf dem ehemaligen Weg wurden entfernt und das Auto mit seinem grün-alternativen Antrieb ist verschwunden ...

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